
Szenen einer Eheschließung
Es war ein frischer Herbstmorgen in Villanders, doch der junge Priester wischte sich den Schweiß von der Stirn, als er aus seiner Kammer trat und gesenkten Hauptes durch das Kirchenschiff ging. Mit einer so großen Gemeinde hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Es sollte doch nur eine kleine, intime Hochzeit werden, hatte man ihm gesagt; nun sah er, dass kein einziger Platz auf den hölzernen Bänken mehr frei war. Einige Gläubige, die ein wenig zu spät gekommen waren, hatten nicht einmal mehr einen Sitzplatz ergattert und mussten die Messe im Stehen genießen.
Der junge Priester faltete seine Hände in einem kurzen Stoßgebet, das ihm Kraft geben sollte, dann stellte er sich vor den Altar und bekreuzigte sich. Der junge Bräutigam erhob sich und ging auf ihn zu. Der Priester erkannte seine Nervosität und nickte ihm aufmunternd zu. Ihre Blicke kreuzten sich, fast so, als wollten sie sich gegenseitig Mut zusprechen.
Die Orgel erklang und der Brautvater erschien, an seinem Arm lief eine wunderschöne junge Braut in ihrer Hochzeitstracht. Wie es die Tradition verlangte, legte der Vater die Hand der Braut in die des Bräutigams.
Mit zittriger Stimme sprach der Priester seine Messe und betete mit der großen Gemeinde. Je näher der große Augenblick des Ja-Wortes rückte, desto nervöser wurde er und verhaspelte sich immer wieder.
„Willst du, Peter Josef Unterberger die hier verwesende Michaela Oberhammer zu deiner Braut nehmen, so wahr dir Gott helfe?“
Der Priester sah in die erschrockenen Gesichter der Gäste. Hatte er tatsächlich gerade „verwesende“ gesagt? Der kalte Schweiß brach ihm aus.
„Ja, ich will die hier anwesende Michaela Oberhauser zu meiner Frau nehmen, so wahr mir Gott helfe“, antwortete der Bräutigam und sah den Priester ein wenig verzweifelt an.
„Und willst du, Petra Josefine Untermaier den hier abwesenden Michael Oberberger zu deinem Mann nehmen, so wahr dir Gott helfe?“
Michaela sah vom Priester zu ihrem Fast-Ehemann und wieder zurück. Hinter ihr hörte sie das Kichern der Trauzeugen.
„Naja, Herr Priester“, sagte sie, „Eigentlich wollte ich Peter Josef heiraten und nicht den Michael… aber was bedeuten denn schon Namen, auf jeden Fall will ich diesen Mann hier neben mir heiraten. Wie wär’s denn, wenn wir uns einfach auf „Schatzi und Spatzi“ einigen?“
Welche Filmszene aus Hollywood hat Simone Dark in dieser kleinen Geschichte inspiriert? Die Erlösung erfahrt Ihr in zwei Wochen…. Äh, die Lösung meinten wir natürlich!
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Photo Credits: Heloisa Nass – Unsplash
Simone Dark, Jahrgang 1982, geboren in Freiburg (Deutschland), wuchs in einem Städtchen namens Breisach an der französischen Grenze auf. Sie ist Übersetzerin und (Thriller-)Autorin aus Leidenschaft. Bisher erschienen sechs Romane unter ihrem Namen. Wenn sie gerade einmal nicht Geschichten erfindet, kann sie auch sehr sportlich sein: sie wandert und schwimmt für ihr Leben gerne. Simone lebt seit einigen Jahren mit ihrem Mann in Südtirol.
